Versorgung demenziell erkrankter Menschen durch Angehörige

Einleitung und Definitionen

Demenzerkrankungen sind definiert durch den Abbau und Verlust kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen. Bei den zumeist progressiven Verläufen kommt es u.a. zu Beeinträchtigungen der zeitlichörtlichen Orientierung, der Kommunikationsfähigkeit, der autobiographischen Identität und von
Persönlichkeitsmerkmalen. Häufig ist das schwere Stadium der Demenz durch vollständige Hilflosigkeit
und Abhängigkeit von der Umwelt charakterisiert.

S3-Leitlinie „Demenzen“: Langversion (Januar 2016)

Demenzerkrankungen gibt es in vielfältigen Ursachen, der Überbegriff „Demenz“ ist in der ICD-10-Definition als Syndromkomplex mit Veränderung der „emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation der kognitiven Beeinträchtigung“ als Folge chronischer oder fortschreitender Erkankung des Gehirns.

Die ersten, oft noch bewußt erlebten Phasen sind für die Betroffenen extrem belastend. Bisher bestehende Eigenstädigkeit und Alltagsfähigkeit sind im Verlauf immer mehr eingeschränkt und müssen von den Angehörigen übernommen werden. Die hohe emotionale Belastung durch die Veränderung des Erkrankten und die psychische Belastung durch Übernahme der Alltagstätigkeiten, unterstützende Übernahme der Selbstpflege und teilweise Aufgabe des bisherigen Lebens führt bei den Angehörigen zu einem erhöhten Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen.

Die Vielzahl an „Pflegediagnosen“ (Abb.1) und die Recourcenknappheit bzgl. professioneller Pflege als Unterstützung lassen die Angehörigen oft alleine in der Versorgung zurück. Die medikamentöse Therapie ist unterstützend, aber nicht kurativ. Somit bleibt als Möglichkeit nur das Annehmen und Möglichkeiten der Aufrechterhaltung und Unterstützung noch bestehender Fähigkeiten, die sich im Laufe der Erkrankung jedoch suxzesive verschlechtern.

Abb.1Pflegediagnosen aus „Altenpflege heute(2014) Elservier Verlag München“

Was brauchen die betroffenen Menschen?

Die prioritäre Pflegediagnose ist unabhängig der Demenzform eine „chronische Verwirrtheit“, die zu vielen der oben genannten Symptome und Schwierigkeiten führt. Durch ein förderndes Milieu kann ein relatives Wohnbefinden erhalten werden, dennoch bleibt die Versorgung und Begleitung demenziell veränderter Menschen für alle Beteiligten eine Herrausforderung. Die Komplexität der Versorgung kann hier nur bruchstückhaft darstellt werden und zeigt die Notwendigkeit einer etablierten Fachweiterbildung zur „Gerontophychiatrischen Fachpflege“, die leider (wie so oft in der Pflege) nicht bundeseinheitlich und mitunter als Selbstzahler (und Organisator) von unterschiedlichsten Anbietern. Wir stellen zwei Konzepte im Umgang und Versorgung demenziell erkrankter Menschen vor.

Um den betroffnenen Menschen weiterhin eine Beziehung und einen respektvollen Umgang mit ihnen als Person möglich zu machen, kann der personenzentrierte Ansatz nach Tom Kitwood als Schaffung einer positiven Grundhaltung dienen. Kitwood möchte den Fokus weg von der Erkrankung hin zum Menschen schaffen, damit nicht Symptome sondern die Persöhnlichkeit im Vordergrund steht, wodurch ein wertschätzender und einfühsamer Kontakt entstehen und aufrecht gehalten werden kann. (Welling,2004). Kitwood hat in seinen Analysen gezeigt, das Menschen mit Demenz oft entpersonalisierendes Verhalten entgegengebracht wurde.

Einige Beispiele für entpersonalisiertes Verhalten nach Kitwood sind

  • Betrügen (Täuschung uä. durch Manipulation zur Kooperation)
  • Zwingen ( Trotz geäußerter Ablehnung durch Druck oder Gewalt, um ein gewünschtes Verhalten erreichen)
  • Infantilisieren (Betroffenen „wie ein Kind“ behandeln, ansprechen usw.)
  • Entwerten (Gefühle der Betroffenen nicht ernst nehmen, negieren)(Altenpflege heute , 2014)

Stattdessen benötigen Menschen einen Person-zentrierte Begleitung und Pflege, die sich nach den fünf Grundbedürfnissen richtet (Abb. 2). Die Grundbedürfnisse richten sich nach dem Erleben der Patienten (Verlust von geliebten Menschen & Erinnerungen, mangelnde Vertrautheit durch Erinnerungslücken, Teil einer Gruppe sein, eigene Fähigkeiten und Selbstwert erhalten und Selbstgewissheit) und sollten in positiver Interaktion unterstützt werden.

Weiterhin bring das Konzept der Validation eine wichtige Grundhaltung im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen mit sich. Die Maßnahmen dienen (der Wiederstellung) des Selbstbewußtsein, der Stress- und Medikamentenreduktion sowie eine Vermeidung in Rückzug und Vegitierens. Durch die Verknüpfung mit der Therorie der Lebensaufgaben nach Erikson sollen die Menschen in ihrer Lebenswelt und ihren damit verbundenen „Lebensaufgaben“ abbeholt und unterstützt bzw. begleitet werden.

Was brauchen die Angehörigen?

In der Untertstützung der Angehörigen sind zwei Grundpfeiler extrem wichtig

  1. Professionelle Unterstützung & 2. Entlastung

Die Deutsche Altsheimer Gesellschaft Selbstehilfe Demenz hat unter Entlastung der Angehörigen als ersten Punkt die „Hilfe durch Information und Beratung“ auf
genommen – eine Kernaufgabe professioneller Pflege, die in Deutschland leider nicht adäuqat genutzt wird. Auch Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz bzw. Tagespflege sind wichtige Bausteine für pflegende Angehörig, um im Punkt „Entlastung“ unterstützt zu werden. Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen, die Kurzzeitpflege / betreuuter Urlaub, eine gute medizinische Behandlung, die Möglichkeit Pflege und Beruf miteinander zu verbinden oder auch der begleitete Umzug in ein Pflegeheim werden als weitere wichtige Punkte aufgezählt.

https://www.deutsche-alzheimer.de/publikationen/informationsblaetter

Bei der Organsiation der häuslichen Versorgung wird professionelle Pflege leider auch nur im Teil der pflegerischen (Grund-)Versorgung eingebunden und könnte auch in allen anderen Punkten einen wichtigen Teil der Unterstützung und Versorgung beitragen.

https://www.deutsche-alzheimer.de/

Es bleibt also weiterhin so, dass Angehörige oft allein und wenig professionell begleitet alleine mit ihren teils schwer erkrankten Angehörigen gelassen werden und die Pflege als wichtige Unterstützungseinheit außen vor gelassen wird und somit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Im Rahmen des Artikels „Lösungsvorschläge“ werden wir vertieft auf unsere Ideen und Vorschläge zur Unterstützung pflegender Angehöriger eingehen.

Literaturverzeichnis

Altenpflege heute . (2014). München: Elservier Verlag.

Welling , K. (2004). Der Personen-zentrierte Ansatz. Unterricht Pflege Jg. 9 Heft 5, S. 1-8.

https://www.deutsche-alzheimer.de/publikationen/informationsblaetter

„Beziehungsgestaltung in der Pflege bei Menschen mit Demenz“2018

S3-Leitlinie „Demenzen“: Langversion (Januar 2016)

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