Twitter Umfrage

Wir wollten von euch wissen, ob ihr euch schon Gedanken über eure Situation in Bezug auf Pflegebedürftigkeit gemacht habt.

Die Umfrage haben wir auf Twitter nicht immer wissenschaftlich sauber gemacht, immerhin hatten wir eine ordentliche Reichweite.

Es haben sich bei meisten Fragen über 200 Menschen beteiligt. Vor der Gestaltung der Fragen haben wir die Pflegestudie gelesen: https://www.optadata-zukunfts-stiftung.de/navigation/forschung#c3615

Die Fragen ergaben sich aus unseren beruflichen Erlebnissen und eben aus Ergebnissen der Befragung.

Immerhin haben sich im Gegensatz zu Teilnehmenden der Pflegestudie die meisten unseren Lesenden schon Gedanken über Pflege gemacht (was auch immer hier unter Pflege verstanden wird, das haben wir nicht spezifiziert)

Die Umfrage enthält 14 Fragen und die Anzahl der Antwortenden variiert.

Jene, die sich keine Gedanken gemacht hatten, antworteten auf die Frage warum, mit einem interessanten Ergebnis. Es ist keinesfalls sehr aussagekräftig, weil dies hier die Frage mit der geringsten Beteiligung war und auch mit dem höchsten Anteil ohne Angabe. Ein ganz kleiner Anteil gab an keine Pflege selbst zu benötigen und etwa 15% möchten keine Pflege übernehmen. Hier wäre vielleicht eine Definition wichtig gewesen.


Blau= Ich brauche keine Pflege

Orange= Ich möchte keine Pflege übernehmen

Erwartungsgemäß und auch ähnlich den Ergebnissen der Pflegestudie 2022 wünschen sich über die Hälfte der Befragten, die Angabe gemacht haben Pflege zuhause. Ähnlicher Anteil wäre auch bereit für eigene oder Pflege der Angehörigen umzuziehen. Das haben wir leider nicht näher spezifiziert, hier wäre sicherlich hinnehmbare Distanz und Richtung interessant (Land-Stadt etc)

Auch wenn die Frage nach 24h-Betreuung erst im späteren Verlauf war, die Frage über Verkleinern/Teilen von Wohnraum hat diesen Hintergrund. Unsere Kolleg*innen aus der ambulanten Pflege können Lied davon singen. Nirgendwo sind die Kontraste besser einsehbar. Es gibt Wohnungen, in den man aufpassen muss sich nicht zu verlaufen und zu jeder Tageszeit nach Douglas riechen und es gibt Menschen, die in irgendwelchen Kellerräumen leben und wo einzige Ablagefläche für Verbandsmaterial eigene nicht-dominante Hand ist. Versorgung und Pflege in der Zukunft werden auch eine Frage von Wohnraum werden. Wenn Menschen nicht mehr Aktivitäten des täglichen Lebens nachgehen können, dann sind ebenfalls Ressourcen notwendig für Haushaltsführung und auch Instandhaltung der Bausubstanz und Installationen. Hier war die Fragestellung definitiv nicht ausreichend differenziert:

Es wäre interessant zu wissen, wie viele Menschen diese Option kategorisch ablehnen. Denn der Anteil der Menschen mit einer positiven Einstellung zu diesem Thema ist überraschend hoch. Eventuell liegt es am Alter (nächste Umfrage dann nicht über Twitter), denn auch zum physiologischen Altern gehört Verlust der Neuroplastizität. Auf Deutsch wird das etwas verurteilend als „Altersstarrsinn“ bezeichnet. Aber die Fähigkeit gewöhnte Räume und Abläufe zu verlassen verblasst. Ich vermute, dass Pflegeort „zuhause“ mit zunehmendem Alter noch mehr an Bedeutung gewinnt.

Wir haben nur etwa 13% der pflegenden Angehörigen erwischt, darum werte ich Antworten als „pflegenaiv“. Dafür spricht auch, dass über 60% eine 24h Betreuung über informelle Wege ablehnen.

Diese Ergebnisse waren überraschend:

Bin nicht sicher ob die Frage richtig verstanden wurde. Es liegt vielleicht daran, dass sich über 50% als beruflich Pflegende deklariert haben und wissen um welche Summen sich die Kosten bewegen, es stellt sich weitere Frage ob tatsächlich alle die 2000Eur-Grenze gewählt haben auch Rentenentwicklung und Vermögen dabei berücksichtig haben. Weil, wie oben beschrieben, Versorgungsumfang hängt maßgeblich von materiellen Ressourcen ab.

Das Bild ist eine ganz vereinfachte Darstellung des Gesundheitssystems. Die Geldscheine symbolisieren Anteile, die Nutzer*innen aus eigener Tasche bezahlen. Mit den Eigenanteilen waren die Befragten nicht von Realität entfernt.

Statistisches Bundesamt gibt am 1. Juli 2021 monatliche Standardrente der gesetzlichen Rentenversicherung bei 1539 Euro/Brutto. Hier wären möglicherweis auch bei Pflegegrad 3/4/5 Leistungen der Sozialhilfe notwendig um Kosten zu decken (stationäre Langzeitpflege). ( Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/39060/umfrage/monatliche-standardrente-der-gesetzlichen-rentenversicherung-seit-1990/)

Das passt gut mit den Antworten auf die Frage ob Job aufgegeben wird um Pflege zu gewährleisten. Mehr als 50% würden es nicht machen. Hier ist auch Differenzierung sinnvoll und Befragung über Stellenanteilreduktion. Und in der nächsten Frage antwortet überwiegende Mehrheit etwa 10h/Woche für Pflege zu investieren.

Bis 2017 wurde Stufe der Pflegebedürftigkeit im SGB11 über zeitlichen Aufwand definiert. Pflegebedürftige mit einem grundpflegerischen Zeitbedarf von über 240min/d bekamen höchste Pflegestufe. Das bedeutet einen wöchentlichen Aufwand von 28h. (Quelle: https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegerecht/pflegestufen/pflegestufe-3/ )

Auch die Frage nach Aufgabenverteilung gestaltet sich sehr interessant. Rund ein Drittel der Befragten wäre bereit Nachbarn und Freunde in die Pflege hinzuzuziehen, dann aber auch ein Drittel lehnt das ab und der Rest ist unentschlossen. Ist das regionale/kulturelle Angelegenheit? Wenig überraschend ist es dann, dass im Fall einer Pflegebedürftigkeit bei eigenen Kindern häufigste Antwort „Eltern sollen Kind versorgen“ war.

Dagegen war eine große Überraschung, dass mehr als die Hälfte angaben zu wissen, wie Pflegegrad, Hilfsmittel etc beantragt werden. Eventuell korreliert das auch mit der Anzahl an beruflich Pflegenden unter den Befragten.

Auch unsere, absolut nicht repräsentative Umfrage zeigt, dass breite gesellschaftliche Diskussionen notwendig sind.

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