Warum es okay ist, sich impfen zu lassen (V2) #CovidWegimpfen

Update zum Artikel vom 10. Januar 2021. In der ursprünglichen Version waren die Blöcke „Der Morgen danach“ und „AstraZeneca“ nicht vorhanden. Sie wurden am 22.02.21 hinzugefügt, da sich die Debatte etwas von der körperlichen Selbstbestimmung hin zu großer Unsicherheit bei verschiedenen Wirkungen und Nebenwirkungen verschoben hat.

Die Körperliche Unversehrtheit ist ein hohes Gut. Sie kommt in unserem Grundgesetz bereits im zweiten Artikel zum Ausdruck, wird nur noch von der Würde des Menschen übertroffen.

Die Impfentscheidung ist eine persönliche Entscheidung und wir erleben es in diesen Tagen leider, dass in den Medien hauptsächlich denen ein Platz eingeräumt wird, die diese Entscheidung mit „nein“ beantworten. Von meinem wissenschaftlich-kritischem Sichtpunkt aus kein wirklich neues Phänomen, obgleich Impfkritiker (ich hasse das Wort!) nur eine Minderheit der Bevölkerung ausmachen, scheinen sie gern gesehene Gäste in den Gazetten und Talkshows der Nation zu sein. Und gebetsmühlenartig wiederholen sie seit Jahren und Jahrzehnten die selben Argumente: „Man weiß nicht was darin ist“, „Man soll BigPharma nicht zu viel vertrauen“, „Mein Körper, meine Entscheidung“

So einfach ist es leider nicht.

Es ist noch viel einfacher.

Behütete Kindheit

Für manche Leser dieses Blogs bin ich wahrscheinlich bereits ein Boomer. 1980 geboren, den Fall der Mauer als Grundschüler mitbekommen. Interessant hierbei: Meine Partnerin von drüben ist noch gegen Pocken geimpft worden, ich nicht. In der DDR gab es Impfpflicht, in der Alt-BRD nicht. Wir beide haben niemals jemanden zu Gesicht bekommen, dessen Körper von Pocken übersäht ist, kennen keine Fälle von Wundstarrkrampf (Tetanus), Krupphusten (Diptherie) und ähnlichem in unserer Bekanntschaft oder deren Bekanntschaft.

Doch die Liste ist nicht vollständig. Meine liebe Mutter – Jahrgang 1959 – hat noch den Keuchhusten (Pertussis) als Kind durchmachen müssen, angesteckt bei ihrem Opa. Frischlufttherapie in einem Krankenhaus am Hogen Bogen (Bayr. Wald) und die Hoffnung auf Besserung. Eine Impfung war noch nicht erfunden. Meine eben erwähnte Lebensgefährtin hat selbst die Masern durchgemacht, da sie sich ansteckte, bevor sie geimpft werden konnte. Und das im durchorganisiertem Sozialismus, der das Gemeinwohl vor das Individuelle Wohl gestellt hat!

CDC/GHO/Mary Hilpertshauser – Gemeinfreies Bild

Die Eiserne Lunge, jenes geradezu dystopisch wirkende Gerät, dass Patienten mit Kinderlähmung (Polio) mit Lungenbeteiligung das Atmen erleichtern soll, kennen wir nur aus Lexika und Museen. Jedoch, immer mal wieder haben wir in unserem Stationsalltag Patienten mit Polio, meistens in den Beinen.

Impfen hilft

aber wie eigentlich? In einen gesunden(!) Körper wird ein abgeschwächter oder toter Erreger oder (!Jetzt neu!) eine genetisches Abbild (RNA) eingebracht. Genug, dass der Körper darauf reagiert und beim nächsten Mal – wenn der große gefährlich Bruder kommt – den Feind sofort erkennt und bekämpft bevor er die Möglichkeit hat sich breit zu machen.

Das ist das Prinzip. Darum ist es wahrscheinlich, dass man sich wenige Tage nach der Impfung ein wenig krank fühlt, das Immunsystem arbeitet. Soweit der Wirkmechanismus. Aber „wirkt“ das auch? Also sieht man messbar ein Ergebnis?

Anzahl Erkrankungen und Todesfälle in Deutschland von 1910 bis 2018, letzte in Deutschland erworbene Erkrankung durch einen Wildvirus 1990, die letzten beiden importierten Fälle aus Ägypten und Indien 1992; Einführung der Schluckimpfung (orale Polio-Lebendvakzine, OPV) 1962, Umstellung auf den Totimpfstoff (inaktivierte Polio-Vakzine, IPV) 1998, 2002 erklärte die WHO Europa als poliofrei. / Quelle RKI Infektionsepidemologisches Jahrbuch 2018 / Bildquelle CC-BY-SA 4.0 Julius Senegal

Aussagen können wir zuverlässig leider nur über die Vergangenheit machen, wir haben aber guten Grund zu der Annahme, dass es auch diesmal so sein wird. Die genehmigten Covid-Impfstoffe haben Testreihen mit zehntausenden Probanden überstanden. Das Qualitätsmanagement war kritisch – wie es sich gehört – und wir konnten all unser Wissen einsetzen um in dieser kurzen Zeit die besten Wirkstoffe zu entwickeln.

Martin Moder, Molekularbiologe, Autor und Science Buster hat ein hervorragendes YouTube-Video dazu gemacht, dass von mehreren populärwissenschaftlichen Portalen bereits aus gutem Grund geteilt wurde.

Herrlich, wie Zweifel verschwinden, wenn man jemandem zuhört, der sich auskennt. Bonuspunkt für Humor und den herrlichen Dialekt

#IGotTheShot

Sammeln wir doch einfach ein paar Stimmen von denjenigen, die sich bereits impfen lassen konnten.

Kleiner Tippfehler, gemeint ist natürlich der 20.01. Der Thread ist toll! Lesen
Dennis beschreibt ausserdem die „Nebenwirkungen“ in seinem Thread.
Spoiler: Armschmerzen, wie sie nach einer muskulären Injektion völlig normal sind.
Was Max hier andeutet nennt man „Risikoabwägung“. Ein großes Übel durch ein unbekanntes aber höchstwahrscheinlich kleineres Übel abwenden
Keine Sorge, das sie war schon vorher so. Man muss sie einfach lieben <3

Anamnese und Beratung

Anamnese, das ist dieser Zettel, den ihr immer vom Praktikanten mit den Patienten ausfüllen lasst, ist das Wichtigste. Natürlich gibt es Vorerkrankungen und körperliche Zustände bei denen eine Impfung nicht erfolgen darf! Am einfachsten: Ein erst vor wenigen Tagen erlebter grippaler Infekt, da man dann davon ausgehen kann, dass das Immunsystem noch zu beschäftigt ist um eine Impfung zu erdulden und zu verarbeiten.

Gewöhnliche Nebenwirkungen sind Schmerzen an der Einstichstelle (man steckt schließlich eine Nadel in einem Muskel), Unwohlsein, vielleicht etwas Fieber, das selten länger als einen Tag dauert. Das Immunsystem arbeitet.

Für Kinder und Schwangere gibt es bislang keine Impffreigabe. Der Grund: Es liegen keine Forschungsergebnisse vor. An Kindern und Schwangeren zu experimentieren ist heikel – finden Sie mal eine Ethikkommission, die so etwas genehmigt. Kinder und Schwangere vorerst auszuschließen ist momentan die vernünftigste und sicherste Entscheidung, wenn auch leider nicht die beste.

Unvernünftig ist dagegen der alte Satz „Ich bekomms ja eh nicht“ oder die Steigerung „Ein gesunder Körper kann doch ohne Probleme so eine Erkrankung überstehen, es betrifft doch nur die Alten und Kranken“

Selbst, wenn dies stimmen würde (tut es nicht), missachtet es einen weiteren wichtigen Aspekt der meisten Impfungen.

Herdenimmunität

Gehen wir mal ein halbes Jahr zurück. Als die Maskenpflicht (noch so ein hässliches Wort) kam und die ersten Stimmen laut wurden: Die schützen MICH ja nicht. Ja, das stimmt. Solang man keine FFP2 oder 3 Maske trägt schützt man sich nur geringfügig, aber dafür alle anderen erheblich. Es ist ein gesellschaftlicher Vertrag, der sagt „Ich schütze Dich, Wir schützen uns gegenseitig“.

Auch die Sache mit „Aber es sind keine hundert Prozent Sicherheit“ möchte ich hier anführen. Es gibt nichts (!), mit 100% Wirkungsgrad. Keine Energiequelle, keine Maschine, kein Medikament, keine Impfung, keine Schutzmaßnahme. Wir bedienen uns seit Anfang der Menschheit der Dinge, die am Besten funktionieren und zwar solange bis sich etwas Besseres etabliert hat. Die Bitte nach 100% Sicherheit ist eine Utopie, die wahrscheinlich niemals erfüllt werden wird.

Wenn man sich nun – stellvertretend für viele Beispiele – einen Tweet von Mom of Superhero ansieht, merkt man gleich, wie verzweifelt die Suche nach jedem einzelnen Prozent mehr Sicherheit sein kann.

Ich will auch. Aber ich steh auf der Liste wahrscheinlich sehr weit unten. Und Paul für Kinder wie Paul, die in der Erhaltungstherapie sind, gibt es noch keine Empfehlung. Ich weine jetzt ein bisschen doll.
(…) Daher sind wir so dringend darauf angewiesen, dass sich alle anderen impfen lassen die es können. Wir sind auf die Vernunft der anderen angewiesen….ich weine weiter

@We_vs_Leukaemia, 08.01.21 (geschützter Account)

Kurz: Wenn um Paul herum alle Anderen – oder die Meisten – geimpft oder sonst irgendwie geschützt sind, ist auch er wesentlich sicherer, weil es unwahrscheinlich wird, dass ein Virus zu ihm getragen wird.

Ansprechen möchte ich trotzdem noch die Frage „Ist man geimpft eigentlich weniger ansteckend?“ Und das weiß man (noch) nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass wie bei allen etablierten Impfungen die Ansteckungsgefahr und -zeit erheblich sinkt.

Der Morgen danach

CAVE: Anekdoten im gesamten Block. Im Moment laufen Phase IV Studien zur Verträglichkeit des Impfstoffes. Was ist das? In Phase III wird die Verträglichkeit und die Nebenwirkungen beim Menschen bereits ausgiebig getestet bevor eine Zulassung erfolgt. In Phase IV ist der Wirkstoff bereits zugelassen, es wird ab trotzdem noch mit scharfem Auge beobachtet, wie oft und welche Nebenwirkungen auftreten.

Da diese Studien noch laufen ist es im Moment schwer, verlässliche Zahlen zu bekommen. Wenn man sich in der Gesundheitsbubble umhört, bekommt man einen Mix an allen möglichen Stimmen: Überhaupt keine Nebenwirkung, erste Impfung hat niedergeschmettert, die zweite nicht, das Selbe in umgekehrt, einige berichten über Temperatur und Schüttelfrost, viele lediglich über die verhärtete Stelle am Arm und heißen dies als spürbare Impfreaktion gut.

Nochmals die Warnung: Wir haben es hier mit einem möglicherweise verzerrten Bild zu tun: Zum einen der persönliche Bias, auf welche Art von Nachrichten in sozialen Medien man anspricht, zum anderen die Tatsache, dass Pflegende und Mediziner sehr offenherzig über Symptome reden – das ist für uns wie Gespräch über Baumwolle vs. Mischfaser – und am Wichtigsten: Anekdoten sind keine Daten! Die Mehrzahl von Anekdoten sind ebenfalls keine Daten. Ergebnisse aus strukturierten Zählungen, in denen alle Symptome von „gar nichts“ bis „ganz schrecklich“ in allen Graustufen genau protokolliert werden, sind Daten.

AstraZeneca – der geächtete Impfstoff

Seien wir ehrlich: Die Seite des RKI ist unübersichtlich. Was nicht an der simplen Gestaltung liegt, sondern an der Fülle zu Daten, Zahlen, Fakten und Empfehlungen der Experten, und dass es diese Fülle einfach braucht. Es ist leicht, sich hier verwirren oder abschrecken zu lassen, aber umso befriedigender, wenn man die gewünschte Information von jedem Blickwinkel gefunden hat, den man wollte.

Und es wurde geschachert, und das Framing war uneindeutig. Der Impfstoff von Biontech / Pfitzer ist stark mit 95% Wirksamkeit in den Impfstudien ins Rennen gegangen. Auf die Botschaft hin, dass man nun bald einen weiteren Wirkstoff hätte, der aufgrund seiner Beschaffenheit auch leichter aufzubewahren wäre, aber nur 60% oder 80% oder 85% Effektivität hätte und dieser wegen der Dringlichkeit der Sache der Impfstoff der Wahl für medizinisches Personal sein solle, kam erstmal Empörung auf. Ich gebe zu, auch ich habe mich daran beteiligt. Und das Framing der öffentlichen Berichterstattung hat gut dazu beigetragen die Debatte zu vergiften (ich schreibe diese Blöcke als Update – wie schön, dass ich mein vor Wochen geschriebenes Intro nicht verändern muss!)

Auf der Suche nach verlässlichen Informationen von Experten, die in unserem Land maßgeblich die Empfehlungen und auch Gesetzgebung beeinflussen und sich dabei auf Studien, Analysen und Metastudien verlassen, habe ich nach 5 Minuten googeln folgende Grafik gefunden

Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/Nutzen_AstraZenecaImpfstoff.pdf?__blob=publicationFile

Endlich! Kontext! Eine konkrete Zahl, eine einfache, verständliche Grafik, was diese Zahl bedeutet. Nun bin ich bereits zweifach mit Bio./Pfitz. geimpft, wenn ich aber erst jetzt das Angebot hätte, mich stattdessen mit einem Vektorimpfstoff impfen zu lassen: Ich müsste nicht zweimal überlegen um „ja“ zu sagen.

Mein Körper gehört mir

und darum schütze ich ihn. So einfach ist es. Und ja, wir können gerne an anderer Stelle über traumatisierte Pflegenden reden und über die Dutzend Ausnahmen derer, die sich trotz bester Absicht impfen lassen wollen aber nicht dürfen. Es ändert aber nichts an der Aussage. Ich bin für mich selbst verantwortlich.

Ich wurde als Kind gegen Krankheiten geimpft, die ich nie erlebt oder gesehen habe, weil meine Eltern mich schützen wollten. Ich frische diese Impfungen auf, damit diese Krankheiten weiter aus unserer Gesellschaft fern bleiben oder klein bleiben. Ich halte Abstand, trage MNS und wasche meine Hände, weil ich nicht nur mich selbst sondern auch alle um mich herum schützen will.

In diesem Pamphlet habe ich Professionelle Pflege kaum erwähnt. Ist unsere Situation in diesem Fall so viel anders? Ja, natürlich, wir arbeiten an der Front, viele von uns an vorderster Front. Aber irgendwann kommen wir auch nach Hause und sind dann einfach Mutter, Vater, Geschwister, Lover, Freunde und einfach nur Mensch.

Der Überbau als „Fachperson mit mehr oder weniger Herz“ ist in dem Kontext, ein weiteres Mittel zu haben, dass uns hilft irgendwann die Coronakrise zu beenden, unnötig.

Wir machen das als Menschen

Weil es richtig ist.

Lasst Euch impfen! Wir tun es auch.

Titelfoto: Privat mit freundlicher Genehmigung des Abgebildeten
Danke an allen Fachpersonen, die so freundlich waren, diesen Artikel gegenzulesen <3

Weitere Artikel

Dossier des RKI zu Covid19 und Impfen

Schwesterfraudoktor – Die Coronaimpfung – 10 Fragen aus der Praxis

GWUP – Coronamythen von A-Z

Marc Hanefeld – Zur Kritik an der mRNA-Impfung gegen Covid-19

….und es geht weiter #IGotTheShot

….to be continued!

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